Merkblatt zur Rückforderung von Corona-Soforthilfen

Voraussetzungen für eine rechtmäßige Rückforderung:

  • Kein pandemiebedingter Liquiditätsengpass im entscheidungserheblichen Zeitraum
    • von einem pandemiebedingten Liquiditätsengpass ist auszugehen, wenn das Unternehmen nicht bereits vor Pandemiebeginn – also vor oder am 31.12.2019 – verschuldet war und neue Schulden kausal durch das Pandemiegeschehen bzw. die damit einhergehenden Maßnahmen entstanden sind. Bei Unternehmen, die ihre Leistungen erstmals erst nach dem 31.12.2019 angeboten haben, ist der 11.03.2020 maßgeblich. Insbesondere ist von einem pandemiebedingten Liquiditätsengpass auszugehen, wenn
  • mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 01.03.2020 durch die Corona-Krise weggefallen sind
  • die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als halbiert sind (bei Unternehmen, die erst nach dem 01.03.2019 wirtschaftlich aktiv waren gegenüber dem Vormonat),
  • die Umsatzerzielungsmöglichkeiten durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der Sars-CoV-2-Pandemie massiv eingeschränkt wurden oder
  • die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens zu erfüllen (z.B. Mieten, Kredite für Betriebsräume oder betriebliche Anlagegüter aller Art, Leasingraten, betriebliche Versicherungen).
    • die zweckgemäße und vollständige Verwendung der Soforthilfe ist durch entsprechende Zahlbelege nachzuweisen. Andernfalls kann die – ggf. teilweise – Rückforderung begründet sein.
  • Rechtmäßiger Rückforderungsbescheid
    • Möglichkeit der Anhörung
      • Vor Rücknahem eines begünstigenden Verwaltungsaktes ist dem Begünstigten gemäß § 28 VwVfG die Möglichkeit einer Anhörung zu gewähren. Dies kann in Form eines Anhörungsbogens mit entsprechendem Fragenkatalog oder in Form eines Hinweises geschehen, dass Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer beabsichtigten Rückforderung besteht.
      • Ausreichend ist bereits die Möglichkeit zur Stellungnahme, unabhängig davon, ob diese wahrgenommen wird.
      • Zu beachten ist jedoch, dass nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG die Möglichkeit der Heilung besteht, die Anhörung also nachgeholt werden kann.
    • Bekanntgabe
      • Der Bescheid wird gemäß § 41 Abs. 1 VwVfG erst in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er dem gegenüber, für den er bestimmt ist und den er betrifft, bekanntgegeben wurde.
      • Zu beachten ist allerdings die Bekanntgabefiktion nach § 41 Abs. 2 VwVfG, nach der ein mit der Post übermittelter Verwaltungsakt am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben gilt.
    • Begründung der Entscheidung
      • Der Rückforderungsbescheid muss gem. § 39 VwVfG eine Begründung enthalten, auf welcher rechtlichen und auf welcher Tatsachen-Grundlage die gewährten Hilfen zu versagen bzw. zurückzufordern sind und welche Ermessenserwägungen der Entscheidung ggf. zugrunde liegen.
      • Zu beachten ist jedoch, dass die Begründung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG nachgeholt werden kann und Verfahrensfehler insofern geheilt werden können.
    • Zuständige Behörde
      • Über die Rücknahme eines unanfechtbaren Bescheids kann nur die zuständige Verwaltungsbehörde entscheiden. Vorliegend sind die Bezirksregierungen als Bewilligungsbehörden zuständig. Die Bewilligungsbehörde muss gemäß § 44 VwVfG aus dem Rücknahme- und Rückforderungsbescheid eindeutig hervorgehen.
    • Frist
      • die Rücknahme ist gem. § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG nur innerhalb eines Jahres nach Kenntniserlangung über die rücknahmebegründenden Tatsachen zulässig.
    • Korrekte Rechtsbehelfsbelehrung
      • der Rücknahmebescheid muss eine korrekte Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, die auf das zulässige Rechtsmittel – einen Widerspruch – hinweist und angibt, in welcher Form und an welche Stelle dieser zu richten ist.

Was ist zu tun, wenn die Soforthilfen unrechtmäßig zurückgefordert werden?

  • In der Regel erfolgt zunächst eine Mitteilung, dass die Rückforderung beabsichtigt ist, mit dem Hinweis, dass Gelegenheit zur Stellungnahme besteht. Hierbei handelt es sich meist noch nicht um den eigentlichen Rückforderungsbescheid. Nun besteht Gelegenheit Nachweise für den pandemiebedingten Liquiditätsengpass z.B. in Form von Zahlungsbelegen, Kontoständen etc. zu erbringen, aus denen hervorgeht, dass 1. die getätigten Ausgaben notwendig waren, 2. diese nicht aus dem Vermögen des Unternehmens erbracht werden können und 3. der Liquiditätsengpass kausal durch das Pandemiegeschehen bzw. damit verbundene Maßnahmen hervorgerufen wurde.
  • Ist bereits ein Rücknahmebescheid ergangen, beginnt die Rechtsmittelfrist von vier Wochen zu laufen. Diese ist der Rechtsbehelfsbelehrung zu entnehmen. Innerhalb dieser Frist ist ein Widerspruch oder eine Klage (Dies variiert zwischen den Bundesländern) zu erheben, um gemäß § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO eine aufschiebende Wirkung zu erzielen und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu verhindern.
  • Mit dem Rücknahmebescheid verbunden oder diesem zeitlich nachfolgend ergeht ein Rückforderungsbescheid. Auch gegen diesen sollte vorgegangen werden, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu verhindern.
  • Wichtig: Sollte der Verwaltungsakt bestandskräftig werden (das bedeutet, dass die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist) ist häufig nichts mehr zu machen. Melden Sie sich am besten am Tag des Erhalt des Bescheides bei uns.

Nils Buchartowski

Rechtsanwalt